Kate Atkinson: Lebenslügen. Droemer

Verschwinden und Überleben
Kate Atkinsons Protagonisten sind Menschen, die ein grausames Schicksal hinter sich haben und den Erinnerungen mit Verdrängung begegnen, weil es die einzige Art ist, zu überleben. Die 16jährige Reggie schätzt sich glücklich, bei Joanna Hunter als Kindermädchen arbeiten zu dürfen. Reggie, die, wie man beschönigend sagt, aus schwierigen sozialen Verhältnissen kommt, himmelt die schöne und erfolgreiche Ärztin an. Sie ahnt nicht, dass Jo mit ihren heißgeliebten Baby eine Überlebende ist: als sie ein kleines Mädchen war hat sich ein unbekannter Mann auf ihre Mutter und die Geschwister gestützt und sie erstochen. Die kleine Jo war in ein Weizenfeld gerannt und als einzige davongekommen. Nun ist der Mörder nach einer langen Gefängnisstrafe wieder frei. Da verschwindet Jo mitsamt dem Kind aus ihrem schönen Haus in Edinburgh. Ihr Mann, der sich seltsam benimmt, behauptet, seine Frau sei eine Tante besuchen gefahren, aber warum hat Jo dann ihr Handy zurückgelassen? Reggie kann sich die plötzliche Abreise ihrer Dienstgeberin nicht erklären und fordert hartnäckig Aufklärung. Ein vifer Teenager, der gut beobachten kann kämpft für seine Ersatzfamilie und gegen den Rest der Welt: es dauert, bis Reggie den Stein ins Rollen bringt, dann aber wird eine Lawine daraus. Atkinsons Krimi ist auf lange Strecken sehr dezent. Die Dramatik baut sich erst allmählich auf. Sie erzählt sprachlich souverän, sensibel und sorgfältig in den Details, ohne die innere Spannung zu verlieren. Dann die kurze, präzise Schilderung wozu Menschen fähig sind, die zum Äußersten getrieben werden um ihr Kind zu beschützen: das ist im Kontrast dazu schockierend wie ein kalte Dusche. Am Ende wird es dann Weihnachten, meterologisch Tristesse pur, aber die Wille zum Überleben ist stärker denn je, auch wenn einen die Nächsten verraten - es gibt immer Überlebende.


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