Maria Ernestam: Die Röte der Jungfrau. btb

Die kleine Rächerin
„Ich war sieben Jahre alt, als ich beschloss, meine Mutter zu töten. Doch ich musste siebzehn werden, bevor der Beschluss in die Tat umgesetzt werden konnte." So knapp und klar eröffnet Schwedin Maria Ernestam die Lebensbeichte einer Frau, - ein Risiko, denn aus dem Psychothriller könnte damit leicht die Luft heraus sein. Aber  der Text bleibt in seiner langsamen Zuspitzung  trotz der Vorwegnahme spannend. Eva hat zum 56.Geburstag ein Tagebuch geschenkt bekommen. Das veranlasst sie zum Aufschreiben ihrer Erinnerungen, ein Blick zurück im Zorn, doch ohne Reue: „..ich musste mir eingestehen, dass die Menschen oft nur deshalb Schuld empfinden, weil sie angeklagt werden. Nicht, weil sie gesündigt haben." Und angeklagt ist Eva nicht, denn niemand weiß von ihrer Tat und die Leiche ihrer Mutter ruht im wohlgedüngten Rosenbeet unter duftenden Sträuchern, die von Eva obsessiv gepflegt werden, - bis ihr Mann ausgerechnet dort eine Wasserleitung verlegen möchte. Mit dem Wechsel von Erinnerung und Gegenwart hält die Autorin den Fluss der Erzählung in Schwung, sie schildert die vergeblichen Kämpfen eines kleinen Mädchens um Zuneigung und Wahrgenommenwerden, erzählt von einer beziehungsunfähigen Mutter, einem schwachen Vater, der das Weite sucht, von der ersten Liebe und der erbitterten Rivalität zwischen Mutter und Tochter. Das gerät aber nicht zum selbstmitleidigen Lamento über eine finstere Kindheit, sondern wird von erfrischend boshaften Kommentaren ergänzt. Das kleine Mädchen entwickelt sich zu einer Rächerin. Ein Arbeitskollege der Mutter bekommt das ebenso zu spüren wie ein aggressiver Nachbarshund; die Moral von der Geschichte? Nicht ertappt werden ist wichtig, sonst nichts.


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