04.03.09

Wird er oder wird er nicht? Nämlich ein Baby oder eine Frau mit seinem Eispickel töten. Das ist die Kernfrage in Ryu Murakamis befremdlichen Roman Piercing (Liebeskind). Nun weiß man ja, dass Japaner schwer zu verstehen sind, merkwürdigen Sexpraktiken frönen und Dinge anturnend finden, die anderswo höchstens eine verschwindende Minderheit begeistern können. All diese Klischees finden hier ihre schönste Bestätigung und werden damit auch ironisiert. Der junge Familienvater Masayuki Kawashima hat Angst, dass er sich eines Tages nicht mehr beherrschen kann und dem Trieb nachgeben muss, sein Kind umzubringen. Schließlich hat er schon einmal eine Frau mit einem Eispickel verletzt, als sie unter der Dusche stand... Also nimmt sich Kawashima eine Auszeit, mietet sich in einem Hotel ein und bestellt eine Prostituierte. Er bereitet sich gewissenhaft auf den Mord vor, verwischt seine Spuren, und prägt sich einen bestimmten Ablauf ein. Doch was für ein böser Zufall: das Mädchen, das er sich ausgesucht hat ist mindestens so gestört wie er selbst und benimmt sich höchst eigenartig. Sie schließt sich im Bad ein und fügt sich heftig blutende Wunden zu. Kawashimas Pläne werden über den Haufen geworfen; er meint, das Mädchen sei eine todessüchtige Erotomanin, die Selbstmord begehen will. Eine verzwickte Situation und wie Murakami sie auflöst ist wiederum sehr seltsam. Krimi oder nicht? Eher eine irre Psychokiste ohne Luftlöcher.

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