Der Mannmit vielen Namen

Ein Mann wacht in einem argentinischen Provinzkrankenhaus auf und weiß nicht wo er ist. Ein klassischer Einstieg, aber was Raul Argemi in Chamäleon Cacho (Unionsverlag) daraus macht ist ungemein faszinierend. Ein Verkehrsunfall, sagt man dem Verletzten, er sei in eine Schlucht gestürzt und sein Beifahrer, den er aus einer Bar mitgenommen hat, sei tot. Neben dem Erzähler, einem arbeitlosen Journalisten, liegt ein Brandopfer. Der Journalist versucht, aus dem sterbenden Bettnachbarn Details über einen aufsehenerregenden Mordfall herauszubekommen. Mit dieser Story, hofft er, wird er endlich beruflichen Erfolg haben. Argemi entwickelt ein Geflecht von Erzählungen. Sie kreisen alle um einen rätselhaften „Leutnant" Cacho, genannt „Chamäleon". Es ist ein Spiel mit Identitäten, die Personen in den einzelnen Episoden stehen in Beziehung zueinander ohne dass der Leser die Puzzleteile zusammenfügen kann. Ein verrückt gewordener indianischer Laienprediger  hat Mitglieder seiner Familie „geopfert", - ist er der  Geschichtenerzähler für den Journalisten?-  ein falscher Priester, ein Dealer, Folterknechte, ein vergewaltigtes Dienstmädchen tauchen auf wie in Momentaufnahmen. Die Phantastik südamerikanischer Autoren ist gegenwärtig, allerdings gezähmt und in einen „Noir" eingebettet. Der Argentinier Raul Argemi, der in der Zeit Videlas Militärdiktatur als Marxist zum Tode verurteilt und 10 Jahre lang inhaftiert war, ist im Jahr 2000 nach Spanien emigriert. Die beängstigenden Flashbacks in denen das Bild auftaucht, betäubt und mit einer Kapuze auf dem Kopf aus einem Flugzeug gestoßen zu werden, sind Verweise auf eine Biografie über die er, wie Argemi im Nachwort bemerkt „nicht gerne spricht". Das tut sein Roman für ihn, laut und eindrücklich.



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