Oktober 2009 Archives

Von Algier nach Paris

  Von der Geschichte eingeholt wird Adam Fabre, ein anscheinend wohlhabender Geschäftsmann aus der Pariser Oberschicht. Er verschwindet, in seinem Auto wird die Leiche einer unbekannten jungen Frau gefunden und die blasierte Gattin zeigt nur sehr wenig Betroffenheit. Orla Os die Gerichtsmedizinerin, die seit Jahren in Frankreich wohnt und ihre norwegische Herkunft dennoch nicht verleugnen kann, hat wieder einmal einen heiklen Fall zu knacken. Die norwegische Autorin Jorum Thorring,-  im Hauptberuf Gynäkologin- verklammert sehr geschickt Rückschau und Gegenwart. Sie zeichnet die erbitterten Kämpfe um die Unabhängigkeit Algeriens nach, den Hass der vertriebenen Franzosen, die ihre Länderein zerstörten, bevor sie nach Frankreich flohen und die Rachetaten der verachteten einheimischen Bevölkerung, die sich nichtdestotrotz im Land der ehemaligen Besatzer ein besseres Leben erhoffen und sich von Schleppern nach Europa schleusen lassen.  Kein Zeichen von Gewalt (dtv) ist ein brauchbarer Krimi mit einem interessanten historischen Hintergrund, der nicht allzu oft thematisiert wird und noch nicht weit zurückliegt.

.

Archäopterix und Alien

Der Pornodarsteller Lorenz Mohn ist seinen Job leid. Er will aus dem  anödenden Schmuddelgeschäft aussteigen und beschließt, ein kuscheliges kleines Wollgeschäft zu eröffnen, wo sich alle Kundinnen wohlfühlen sollen. Das Ladenlokall das er mietet hat einen Hinterhof mit einem märchenhaft verwachsenen Garten und einer märchenhaften Insassin. Die elfenhafte Sera ist eine Heiratsvermittlerin der besonderen Art, in die sich Lorenz natürlich verliebt. Aber in jedem Paradies wohnt bekanntlich auch eine Schlange. Lorenz leiht sich für sein Vorhaben Geld von einer undurchsichtigen Geschäftsfrau. Die verlangt sieben Jahre lang keine Zinsen, nicht einmal das Geld zurück, sondern stellt die merkwürdige Bedingung, dass Lorenz stattdessen ein Leben retten muss. Dass da kosmisch-dunkle Mächte am Werk kann man sich unschwer ausmalen.

Nach einem poetischen Anfang gleitet die Handlung von Gewitter über Pluto (Piper) allmählich in seltsame Fahrwasser. Es ist Heinrich Steinfests Erzählkunst, die einem das Verrückteste ganz natürlich vorkommen lässt. Dass ein uralter Agent des Pluto unter uns Erdenwürmern weilt und dringend den Solnhofer Archaeopterix klauen muss, erscheint ganz logisch. Auch, dass er dazu den begabten Laienpaläontologen und hauptberuflichen Bäcker Nix ermordet und die Leiche unter dem schlafenden Ex-Pornodarsteller deponiert, hat eine innere Folgerichtigkeit. Der Irrwitzigkeiten ist kein Ende. Das ist sehr vergnüglich, abgedreht und mit allerlei Philosophie  für den Alltag versehen. Es geht mit Science-fiction weiter. Im Jahr 2015 tauchen in den Wäldern - ein Wunder dass es sie noch gibt - ziemlich aggressive Zwerge auf, die jegliche Kommunikation verweigern.

Auf dem Pluto werden die Wetterstationen entdeckt, die die Parallelwelt des Ausserirdischen dort installiert hat, was die Menschheit beunruhigt und der inzwischen gesundheitlich beeinträchtigte Lorenz  Mohn muss seine Schulden bei der erbarmungslosen Geldverleiherin begleichen. Steinfest ist irre aber lustig. Und wie er überzeugend ausführt, nur, wer einen Defekt erleidet, kann eventuell die Welt sehen wie sie wirklich ist.

Einfach nekrophil

  Böse katholische Fundi-Sekte jagt liberale Zeitgenossen: vom Stammzellenforscher bis zum kritischen Priester wird gemordet. Natürlich im Auftrag einer guten Sache, die Muttergottes selbst  befiehlt nämlich ihrer gehorsamen Truppe, die Welt vom Bösen zu befreien. Das ist ziemlich abgedreht, passt in die Reihe der gut verkäuflichen Verschwörungsthriller und wäre als solcher nicht eben interessant. Gert Heidenreich  hat in seinem Krimi Das Fest der Fliegen (Langen Müller) aber ein As im Ärmel: sein in im Ruhestand befindlicher, malender Kriminalkommissar Alexander Swoboda ist ein origineller Typ, der in Edinburgh beim Besichtigen eines Museums zufällig Zeuge eines Mordes wird. Den haben -erraten!-die irren Marienfanatiker mithilfe einer Giftspritze begangen. Alle die den Mord gesehen haben, müssen nun auch dran glauben, der Rest ist erwartbar. Die Wahnvorstellungen der Fundis hat der Autor aus entsprechenden kirchlichen Schriften entnommen. Das ist schaurig und nervt mit Pathos und schwüler Nekrophilie.
 

AutorInnen

instant™ Design Wien
Site by