Recht amüsant liest sich Danielle Thierys Die Schatten der Toten
(Aufbau), denn die Hauptfigur, Kommissarin Edwige Marion hat so gut wie nichts im Griff, schon gar
nicht ihre Beziehungen. Sie hat sich in einen schönen, geheimnisvollen Mann
verliebt, der sie plötzlich
sitzengelassen hat und ohne Erklärung verschwunden ist. Seitdem ist sie
nicht mehr sie selbst. Als Verantwortliche für den Pariser Gare du Nord versiebt sie einen Einsatz, bei dem ein ausgelieferter
Schwerverbrecher vom Zug abgeholt werden soll. Der Mann wird bei seiner Ankunft
von einer Frau umgebracht. Einem Polizisten kommt seine Dienstwaffe abhanden,
ein andere ist in einem Alkoholexzess versunken. Überhaupt tut sich am Bahnhof
einiges. Vom Taschendiebstahl bis zu Drogenhandel und Schlepperei reicht die bunte Palette und Marion hat
zu allem Überfluss eine befremdliche Begegnung mit der Ehefrau ihres abhanden
gekommenen Geliebten. Voll Eifersucht verfolgt sie seine Spuren, sie setzt sich
in den Zug und fährt die Strecke, die er anscheinend täglich zurückgelegt hat.
Sie entdeckt, dass eine Gruppe von jungen Kosmetikerinnen die Fahrt zur Arbeit
dazu benützt, der Prostitution nachzugehen. Praktischerweise benützen sie dabei
das Abteil des kollaborierenden Schaffners. Das ist zwar spannend, bringt aber
Marion den Liebhaber nicht zurück. Marion ist keine allwissende Superfrau
sondern höchst irdisch und fehlbar. Das macht sie sympathisch. Ein mächtiger
Schuss Sentimentalität gehört natürlich auch zu einem französischen Krimi. Aber
das ist aushaltbar, denn der Humor
wirkt neutralisierend.