Oktober 2010 Archives

Ottos Tod

 In der Idylle liegt der Schrecken, unabdingbar für einen Krimi. Bei Thomas Kastura (Das geheime Kind, Droemer) liegt er im Schrebergarten, nämlich in Form einer Leiche. Niemand will etwas gesehen oder gehört haben. Das Mordwerkzeug, ein Spaten, fehlt. Ein Polizist wird zum Herumlungern mit Bier ausgestattet und soll damit etwaig vorbeikommende Sandler gesprächig stimmen. Immerhin wird die Identität des Opfers klar. Ein patschertes Leben, hatte dieser nun tote Otto, ein anscheinend freundlicher, fürsorglicher Mensch, aber leider ein Alkoholiker. Hat sich der Ex-Mann von Ottos Lebensgefährtin gerächt, hat ihn ein Junkie überfallen? Der Fund einer Babyleiche  legt eine neue Spur. Kasturas Figuren haben alle irgendein psychisches Defizit, die Ermittler nicht ausgenommen, das macht sie schillernd und unberechenbar auch wenn der Krimi ansonsten seinen üblichen Gang geht: Mord Recherche, Aufklärung. Der Urknall in der Familie, die ohnehin nur ein wackliges Konstrukt war, löst alles auf. Der dritte Fall von Kommissar Klemens Raupach aus Köln liest sich wieder einmal ganz süffig.

Alkoholiker in der Wüste

Was verboten ist, wird begehrt: Peter Maddox ist Journalist. Meist ist er bis mittelschwer illuminiert. Das ist  nicht so einfach wie es klingt, denn Maddox arbeitet für den saudiarabischen Arabian Chronicle und in Saudiarabien herrscht bekanntlich striktes Alkoholverbot. Die Umgehung dieses Verbots ist auch der Dreh- und Angelpunkt des Krimis: mit Alkoholschmuggel kann man hier sehr schnell sehr viel Geld verdienen, zumal einige „Inseln" unkontrolliert bleiben, weil die ausländischen Arbeitskräfte, die für die Saudis unverzichtbar sind, bei Laune gehalten werden müssen.

 Die Story, die Paul Freeman in Laster und Tugend (pulp master) entwickelt, ist insofern  packend, weil der Autor, der selbst in Saudiarabien als Journalist arbeitet, einen Einblick in das Alltagsleben gibt. Weit weg von den Luxushotel-Enklaven für betuchte Touristen herrschen harsche Lebensbedingungen. Sittenwächter terrorisieren die Einwohner und sind selbst am Alkoholgeschäft beteiligt - schließlich ist es keine Sünde, Drogen an die Ungläubigen zu verschachern. Ganz im Gegenteil, wenn es gelingt, diese damit zu schädigen, ist es geradezu ein Verdienst. Maddox schreibt Enthüllungsstories über Morde, die mit dem illegalen Alkoholschmuggeln in Beziehung stehen und bekommt es dadurch nicht nur mit der Zensur zu tun. Lesenswert, weil doch recht exotisch. Für Frauen freilich eine Art Horrorroman....

Alte Sünden, neue Leiche

 Eine Geschichte, die bis in den Vietnamkrieg zurückreicht, erzählt Leo P. Ard in Mein Vater, der Mörder (grafit). Ein alter Mann, der in einem Pflegeheim nur mehr ein paar Tage Leben vor sich hatte, wird dennoch gewaltsam zu Tode befördert. Was wollte er sich vor seinem Tod noch von der Seele reden, das den Lebenden gefährlich werden könnte? Der Tote war Teil einer Clique, die sich in jungen Jahren aus Deutschland davon gemacht und bei der Fremdenlegion angeheuert hatte. Jetzt, Jahrzehnte später sind die Überlebenden honorige Bürger und verschweigen tunlichst ihre düstere Vergangenheit als Söldner. Aber als einer der Söhne entdeckt, dass sein Vater ihm eine vietnamesische Halbschwester verschwiegen hat, reist er nach Saigon, um seine Verwandte zu finden. Der Autor  beteuert, selbst in Vietnam recherchiert und sich in die Historie der Fremdenlegion vertieft zu haben. Das mag man ihm gerne glauben. Nur, was er über den Dschungel schreibt ist schlicht Unfug. Bremsen mit Stacheln gibt es nicht. Wenn, dann beißen die mit ihren Mundwerkzeugen. Und Schlangen, die sich vom Baum auf Schlafende fallen lassen, das ist wirklich die unterste Schublade des Gruselrepertoires.

 

Pangolin im Topf

Eine kleine Farce mit vergleichsweise simpler Auflösung entpuppt sich als Lesevergnügen in Warteschlagen und Wartezimmern. Statt beim Zahnarzt auf das grausige Geräusch der Bohrer zu lauschen, sollte man Der zweitbeste Koch (Haymon) von Kurt Bracharz dabeihaben.

Es geht um ein fiktives China-Town -Imperium in Wien mit Hotels, einen Zoo und vor allem authentischen China- Restaurants. Eine Spielwiese für  Xaver Ypp, den in Ehren ergrauten Gastrokritiker des Magazins „Lukull". Dass die Chinesen sowohl über eine erlesene als auch recht bizarre Küche verfügen, weiß man und so lässt auch Ich-Erzähler Ypp keine Gelegenheit aus,  ziemlich aberwitzige Gerichte zu beschreiben, bei denen man nicht ganz genau weiß, ob sie ernst gemeint oder  bloß boshafte  Gerüchte sind. Tatsache ist, dass ein Koch verschwindet und eine Tierbefreiungstruppe in den chinesischen Zoo eindringt. Der Verdacht liegt nahe, dass dort seltene Tiere für den Kochtopf gehalten werden und tatsächlich findet sich ein Pangolin (gibt's wirklich, googeln!) in einem solchen. Aber das ist alles komplizierter als es zunächst den Anschein hat, denn in den Käfigen wartet eine Überraschung....

 

 

 

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