Allzulange dauert dieser Winter unseres Missvergnügens schon. Überfüllte U-Bahnen mit hustenden, schleimenden Menschen und dann im Schutze der Mauervorsprünge aufgeplusterte, räudig aussehende Tauben - das kann einen schon auf Gedanken bringen. Zumal, wenn man den Debut-Roman Die Luft, die du atmest (Wunderlich) von Carla Buckley unterkommt. Da geht es nämlich um den Ausbruch einer Vogelgrippe-Pandemie. Hierzulande wird ein solches Szenario ja gern als Panikmache der geldgeilen Pharmafirmen abgetan. Das mag stimmen oder auch nicht. Bei Buckley beginnt alles an einem See mit hunderten verendeten Wasservögeln. Erzählt wird das Schicksal einer ganz normalen amerikanischen Familie. Vater, Veterinärmediziner, Mutter, zwei Töchter für die die normale Welt untergeht als die allgemeine Quarantäne verhängt wird. Die Flughäfen werden geschlossen, die Stromversorgung bricht zusammen, die Supermärkte und Tankstellen sind geschlossen, der Nachbar wird zum Feind. Man igelt sich in der Festung Einfamilienhaus ein und die Zivilisation geht nicht mit einem Knall, sondern mit einem Wimmern vor die Hunde. Einstige Grillkumpels verteidigen ihre Vorräte mit der Waffe, und es erhebt sich die Frage, ob man das Baby der kranken Nachbarin, draussen vor der Tür erfrieren lassen, oder die eigene Familie gefährden soll. Der alltägliche Überlebenskampf wird detailliert geschildert und - was irgendwie dem amerikanischen Survival- Kult geschuldet ist -, ein Teil der Romanfiguren kommt davon, indem sie die Flucht aus der Siedlung schafft und in eine einsame Jagdhütte zieht. Leider wird nicht weiter ausgeführt, wie sich wohlstandsverweichlichte Menschen mit Jagen und Sammeln am Leben erhalten, doch bleibt noch genug von der humanoiden Spezies übrig um den Planeten weiter zu ruinieren. Ab morgen wird in der U-Bahn eine Schutzmaske getragen. Die hatten wir ja noch irgendwo....
Februar 2011 Archives
Verschwörungstheoretiker werden ihn lieben. Martin Maurer lässt in Terror (DuMont) eine harmlos urlaubende Familie ins Netz diverser finsterer Mächte geraten. Man macht Ferien in einem italienischen Bergdorf, der Familienvater, ein Werbefilmer, entdeckt einen misshandelten Asylanten, der offensichtlich große Angst vor der Polizei hat. Die Einmischung des Deutschen kommt ungelegen. Ein Netz von falschen Polizisten und Geheimdienstlern aller Art macht Jagd auf den allzu Neugierigen. Das wird in der Folge ein wenig unübersichtlich, denn Maurer hüpft zwischen den Zeiten und Orten hin und her wie ein aufgeregter Heuschreck. Er möchte zuviele ungeuerliche Vermutungen und Fakten unterbringen und gerät dabei ausser Atem.
Es kommt im Dorf zu einem Massaker, wobei zunächst unklar ist, wer wen warum getötet hat. Nur soviel: die Wurzeln des Übels reichen bis in die Zeit des Kalten Krieges zurück, die angeblich vertrauenswürdigen staatlichen Institutionen sind klammheimlich zu Monstern mutiert und ausnahmsweise spielt dabei die Mafia keine Hauptrolle. Der Autor bietet weiteren Stoff zu seinen zugegeben nicht gänzlich unglaubwürdigen Konstruktionen einer geheimen Geschichte des Terrorismus in Deutschland unter www.prenzlauerberger.wordpress.com