Dezember 2014 Archives

Jetzt aber hurtig!


Wem gar nichts mehr einfällt, der schenke ein Buch. Wem was eingefallen ist, hat  das Buch bereits gekauft und dabei die Befindlichkeit  und die Interessen des zu Beschenkenden bedacht. Last- Minute- Spannung darf aber immer sein. Eine kurze Liste feiner Krimis von 2014 zum Reinschaun und Schnell-Entscheiden.


Liza Cody: Lady Bag. (Argument Verlag ). Die Geschichte von einer Pennerin in London, der nichts mehr geblieben ist als ihr rheumatischer Greyhound Elektra ist mitreissend. Der Grund für den Abstieg der „Lady Bag" in die Gosse läuft ihr eines Tages zufällig über den Weg. Es ist der charmante und eiskalte Graham, in den sie  blind verliebt war und für den sie eine Gefängnisstrafe abgesessen hat. Er hat ihr inzwischen ihren Besitz abgenommen und erkennt die jämmerliche Gestalt auf der Straße gar nicht mehr. Eine wie Lady Bag ist für alle unsichtbar. Dennoch versucht sie, die neue Geliebte von Graham zu warnen. Aber wer nimmt schon das Gebrabbel einer betrunkenen Pennerin wahr. Ein Krimi mit Wow-Effekt.

Deon Meyer: Cobra (Rütten & Loening). Ein Brite will in Kapstadt Geschäfte machen Er hat Bodyguards angeheuert und wird trotzdem erschossen. Ein Krimi mit intensiver politischer Komponente und einem illusionslosen Blick auf das heutige Südafrika.

Matthias Wittekindt: Ein Licht im Zimmer (Nautilus). Ein verregneter bretonischer Hafen wird zum Schlachtfeld zwischen der ostansässigen Bevölkerung und einem Multi, der vor der Küste ein riesiges Gezeitenkraftwerk errichtet. Ein abgesägtes Frauenbein in einem Müllcontainer  trägt nicht  zur Beruhigung bei. Hauptverdächtige: die chinesischen Arbeiter die das Kraftwerk bauen.

Georg Haderer: Sterben und sterben lassen (Haymon). Major Schäfer hat es an einen ruhigen Dienstort verschlagen. Das Dorf Schaching

verspricht gemütliches Landleben. Das wird gestört, als ein Jäger einen Jogger erschießt. Entgegen der Vermutung Schäfers war der Schütze gar nicht betrunken, er hat  rein zufällig getroffen, Motiv gibt es auch keines und die Witwe des Joggers erscheint ziemlich gelassen. Der merkwürdige Unfall bleibt nicht das einzige Problem. Haderer ist immer allererste Klasse!

Rainer Nikowitz: Nachtmahl( Rowohlt). Ein Urlaub in Feuchtkirchen wird so gräßlich wie es klingt. Eine Leiche im Wildschweingehenge gibt Rätsel auf. Niederösterreich ist eine mörderische Gegend. Sehr witzig , mit Grafen, Gruselschlössern und  grauenvoller ländlicher Architektur.

Jamie Mason: Ins Gras beißen die anderen (Lübbe).

Garten brutal: Was sich auf und unter dem Rasen abspielt ist gar nicht harmlos. Jason, ein nervenschwacher Kümmerling, kann nichts dafür. Den Kerl, den er im hinteren Teil des Gartens eingraben musste, hat er in blanker Notwehr umgebracht. Damit wäre Jason wohl strafrechtlich gesehen glimpflich davon gekommen, aber er hatte zuviel Angst vor den Konsequenzen. Blöd nur, dass in diesem verwunschenen Garten noch weitere Skelette wesen, von denen  Jason nichts ahnen konnte.

Jamie Mason bringt es fertig, einen Splatter-Krimi in einer farbigen und anspruchsvollen Sprache zu schreiben. Dieser Kontrast ist an und für sich schon bemerkenswert, eine solche Synthese mit schwarzem Humor vereint, ergibt eine wunderbare  Gänsehaut.

Und sonst noch:  GB84 , das große Opus von David Peace (Liebeskind) handelt von der Tragödie des Bergarbeiterstreiks von 1984 in Großbritannien. Jetzt, wo der Hype abgekühlt ist, wird ein zweiter Blick darauf empfehlenswert. Die Kraftprobe zwischen der Gewerkschaft der Grubenarbeiter und Thatcher haben erstere bekanntlich verloren. Es war eine unglaublich brutale Konfrontation. Peace schildert das ganze  Drama in einzelnen Fragmenten, die sich zu einem Mosaik zusammensetzen lassen, - sofern der Leser so lange durchhält. (Die Schrift ist übrigens unzumutbar winzig).

Dass man sich bei diesen Schnipseln nicht auskennt macht nichts. Die Sicht eines Kumpels, der die verborgenen Zusammenhänge nicht kennt, wird jeweils auf einer Seite ausgebreitet, der Text endet aprupt auf dem Ende der Seite, dann folgt übergangslos die Seite der „hohen" Politik des Machterhalts, des zynischen Ränkespiels. Natürlich ist diese Technik ein wenig beliebig; die historisch ohnehin vorgezeichnete Handlung muss ja nicht erfunden werden. Also ist ein roter Faden überflüssig. Wer sich über die Gnadenlosigkeit  dieses Kampfs zwischen Habenichtsen und Machthabern informieren möchte ist besser mit Val McDermid bedient, die selbst die Tochter eines Bergarbeiters ist und die Ereignisse  in Form eines Krimis geschildert hat.

 

 

 

 

 

 

AutorInnen

instant™ Design Wien
Site by