Dezember 2015 Archives

Applaus für Eva

Eva verdient sich ihr Geld als Catcherin und passt außerdem auf das Gelände eines Schrotthändlers auf. Da in der Nachbarschaft ein paar Prostituierte übel zusammengeschlagen und eine Frau getötet wurde, wenden sich die Huren an Eva mit der Bitte, sie in Selbstverteidigung zu unterrichten. Eva ist davon nicht begeistert. Was soll sie den Hühnern auf ihren High-Heels schon beibringen? Die haben keine Kondition und sind gewöhnt, sich von Männern fast alles gefallen zu lassen. Die Damen können noch nicht einmal richtig stehen, geschweigen denn zuschlagen. Das ist ein witziger Plot mit einer noch witzigeren Hauptdarstellerin. Denn Eva, ziemlich weit unten in der Gesellschaft angekommen, hat bloß zwei bissige Köter als Freunde und ein schmutziges Mundwerk, das in früheren Zeiten gewiss nicht als jugendfrei durchgegangen wäre. Aber tempora mutantur. Das Schrottplatz-Drama Eva sieht rot von Liza Cody ( Ariadne Verlag) ist was für  Leute mit schwarzem Humor, ebenso die beiden anderen Eva-Romane Eva langt zu und Was sie nicht umbringt. Eine herzhafte Trilogie mit maximalem Unterhaltungswert. Nettes Geschenk für harte KerlInnen.

Ein Guter ist gegangen

Der schottische Autor William McIlvanney ist vor einigen Tagen 79jährig in seinem Haus in Glasgow gestorben.

 William McIlvanney wurde am 25. November 1936 in Kilmarnock, Schottland geboren. Er studierte in Glasgow und arbeitete 17 Jahre als Lehrer, bevor er sich 1975 entschloss, nur noch zu schreiben. Seine Romane wurden mit zahlreichen Preisen ausgezeichnet, darunter der CWA Silver Dagger Award für "Laidlaw". Mit seiner Trilogie um den grüblerischen Detective Inspector Jack Laidlaw  zeigte McIlvanney wie Lebenserfahrung, schwarzer Humor und Verständnis für die Schwächen der Menschen eindrückliche Synthese eingehen können.

Noch einmal zur Erinnerung an zwei seiner neueren Werke

In Fremde Treue (Kunstmann) ist Detective Jack Laidlaw in eigener Sache unterwegs. Vor einem Monat starb sein Bruder Scott bei einem Verkehrsunfall. Gut, der Mann war betrunken und hatte sich zuvor bei einer Party ziemlich berserkerhaft aufgeführt. Aber Jack glaubt nicht an einen Unfall und beginnt die Freunde von Scott zu befragen. Scotts Frau lässt ihn eiskalt abblitzen, die Freunde sind wenig hilfreich. Einen kleinen Gauner kann Jack unter Druck setzen und das führt ihn auf eine Spur.

McIlvanney, markantes Gesicht und Schnauzbart, schildert Glasgow und Umgebung mit einer herzhaften Tristesse. Es wird viel gesoffen und philosophiert, nicht immer logisch, aber dafür mit eindringlichen Bildern. Treue ist eine ambivalente Angelegenheit. Jack ist Scott gegenüber treu, indem er in Verbundenheit zu seinem Bruder dessen trivialen Tod nicht akzeptiert. Andere sind ihrer Ganovenehre treu, stehen zum kriminellen Schweigegebot, zu einem neuen Geliebten.

McIlvanneys scharfe Beobachtungen sind sowohl sarkastisch aus auch  mitfühlend. Zum Beispiel, als Jack bei der Aufnahme einer Live-Reportage die intellektuell minderbemittelten Objekte der Befragung beschreibt und Reflexionen über Authentizität und deren Zerstörung anstellt. Solche Passagen gibt es viele. Man folgt diesen kleinen, aber feinen Abschweifungen nur allzu gern.

Auf der Suche nach Tony Veitch (Kunstmann)

Irgendwie ungünstig, dass die Leute, von denen man was wissen will, so schnell sterben. Da ist der Trunkenbold Eck, der auf den Straßen Glasgows lebt und Inspector Jack Laidlaw sprechen will bevor er stirbt. Er versucht mit letzten Atemzügen, Laidlaw klar zu machen, dass ihm jemand vergifteten Wein zu trinken gegeben hat. Außerdem hatte Eck einen Zettel mit philosophischen Überlegungen, die garantiert nicht  von ihm stammen, bei sich. Parallel zu diesem Rätsel stirbt Paddy Collins, ein lokaler Unterweltboss, an Stichverletzungen. Das hat eine riskante Machtverschiebung  unter den Gangstern zur Folge. Der rote Faden durch dieses dunkle Glasgower Labyrinth: die gemeinsame Suche nach einem Tony Veitch. Dieser, so stellt sich relativ spät heraus, ist  ein rebellischer Sohn aus einer reichen Familie, ein Student, der noch nicht ganz in der Realität angekommen scheint.

McIlvanneys Tour durch die grindigsten Kneipen und Viertel von Glasgow- „eine Stadt so freundlich, dass sie jede Grausamkeit niederprügelt", ist ein ganz besonderes Erlebnis. Faszinierend abstruser Humor, merkwürdige Vergleiche und schräge Dialoge verdichten sich zu einem unverwechselbaren Ton, - McIlvanney wird nicht vergessen werden.

 

 

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