Mangels an Beweisen

True Crime aus Frankreich: Pascale Robert-Diard ist langjährige Gerichtsreporterin bei Le Monde und als solche agiert sie auch in ihrem Buch Verrat (Zsolnay). Lapidar ist zu lesen, dass es sich um eine wahre Geschichte handelt. Geschildert wird ein Kotzbrocken namens Maurice, der  nichts anbrennen lässt. Drei Frauen, die sich mit Maurice eingelassen haben, haben einen Selbstmordversuch unternommen. Eine weitere junge Frau gilt als „vermisst", denn man hat ihre Leiche nie gefunden. Dass Maurice sie umgebracht hat ist sehr wahrscheinlich, denn er zog aus ihrem Tod materiellen Nutzen. In Gegenwart seiner Söhne hat Maurice einmal geäußert, dass man ihm nichts nachweisen könne, wenn man die Leiche nicht findet.

Als Maurice mangels an Beweisen freigesprochen wird,  schweigt man jahrzehntelang. Aber das Wissen, dass der Vater sehr wahrscheinlich ein Mörder ist, belastet einen der Söhne derart, dass er nach Jahrzehnten als der Prozess wieder aufgerollt wird zum „Verräter" wird. Die geschiedene Mutter und der zweite Bruder beteuern, dass sie sich an eine solche Aussage nicht erinnern können. Ein Alptraum für den „Verräter", der plötzlich allein und als Zerstörer dieser dysfunktionalen „Familie" dasteht. Das Protokoll eines lange ungesühnten Mordes ist nüchtern, von einer kalten, sezierenden Sachlichkeit mit der sich die Autorin distanziert.

Das eigentlich Dramatische ist der Vorgang, wie eine Familie durch ein finsteres Geheimnis implodiert, wie lange es dauern kann bis einer erkennt, dass er dadurch psychisch vernichtet wird und wie diese Implosion schließlich vor den Augen der Öffentlichkeit stattfindet. Dann, am Ende, lässt einen der Satz "Eine wahre Geschichte" wirklich schaudern.


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