Zuletzt in Liza Marklund abgelegt

Am Rand des Zusammenbruchs
Das fängt ja gut an: Annika Bengtzon, die langjährige Heldin aus Liza Marklunds Krimis wird von ihrem Man verlassen und in derselben Nacht, als Thomas seinen Koffer packt,  zündet jemand ihr Haus an. Annika und ihre beiden Kinder haben kein Dach über dem Kopf, und Annika dazu noch Stress im Job. Wieder einmal stehen Personalsparpläne ihres Printmediums an, das kann nur auf Kosten der Qualität gehen, was aber außer dem Chefredakteur allen egal ist. Trotz des privaten und beruflichen Chaos verbeißt sich Annika in die Recherche zu einem merkwürdigen Kriminalfall. Ein hochgelobter Vorzeige-Polizist liegt mit bizarren, tödlichen Verletzungen in seinem Schlafzimmer. Die Frau des Toten ist derart verstört, dass sie nichts zur Aufklärung des Mordes beitragen kann. Ihr kleiner Sohn ist aus der Wohnung verschwunden, man nimmt an, dass die Ehefrau Mann und Kind umgebracht hat. Dass der pr-taugliche Strahlemann mit Gangstern im Bunde war will keiner wissen und dass er anscheinend seine Frau jahrelang misshandelt hat, schon gar nicht. Die fiese patricharchale Interpretation ist hingegen schnell gefunden: Julia,  die ebenfalls Polizistin gewesen ist, war als Frau dem Job nicht gewachsen und ist daher übergeschnappt. Marklunds Subtext ist böse und deutlich. Sie beschreibt die offenen und unterschwelligen Sexismen, die an männliche und weibliche Täter verschiedene Maßstäbe anlegen und die selbst in einer fortschrittlichen Gesellschaft wie in Schweden noch längst nicht vom Tisch sind. Auch  schildert die Autorin mit bemerkenswerter Härte und Konsequenz die Nicht-Bewältigung von Beruf und Kindern. Annika ist das Gegenstück zur Fiktion der Powerfrau, die Familie und Job locker managt; sie ist ständig ausgebrannt und balanciert am Rande des endgültigen Zusammenbruchs. Da ist die Scheidung von ihrem Mann fast noch ein kleinerer Unglücksfall - sehr dramatisch, sehr bitter und überraschend bis zum Ende.

 

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