RätselhafteTodesfäle, diesmal echt

Es ist ein bisschen wie mit den US-Juristen: Jeder, der einen Satz schreiben, oder schreiben lassen konnte, hat irgendwie einen Krimi zustande gebracht. Herausgekommen ist dabei allzuoft ein fades Rededuell im Gerichtssaal und man hatte mitunter den Eindruck, dass die imaginär glänzend gelösten Fälle und erfolgreichen Verteidigungen als Kompensation für nicht ganz so geglückte berufliche Laufbahnen herhalten mussten. Nun erreicht uns seit geraumer Zeit die Welle der "authentischen" Memoiren „echter" Rechtsmediziner, ursprünglich ausgelöst durch die Krimis von Patricia Cornwell und andern erfolgreichen AutorInnen, die ihren primären Beruf  auf einer Zweitschiene zu Geld machten.
Einer davon ist der deutsche Rechtsmediziner Michael Tsokos, der in Dem Tod auf der Spur (Ullstein) zwölf ungewöhnliche Fälle, die bei ihm auf dem Sektionstisch landeten, beschreibt. Und er macht das gut, unaufgeregt, unspekulativ und mit mildem Spott über die Klischees, die über seine doch düstere Profession herumgeistern. Man lernt hier eine Menge naturwissenschaftlich-medizinischer Fakten, bekommt zum Beispiel erläutert, wieso sich Erfrierende manchmal splitternackt ausziehen oder woran man erkennt, dass ein Brandopfer noch gelebt hat, als das Feuer ausbrach. „Suizidales Höhlenverhalten" wird ebenso erklärt, wie der Unterschied zwischen einem Rechtsmediziner und einem Pathologen. Bizarr sind die zunächst rätselhaften Tode allemal: ermordete Zuhälter, die vor  ein Auto geworfen wurden, um einen Verkehrsunfall vorzutäuschen, grausam ausgeklügelte Selbstmordszenarien, Jagdunfälle, die wie ein Mord aussehen und Leichen, die hundert Jahre nach ihrem Tod aus einem See auftauchen. Eines ist sicher: noch mehr solche Berichte und es wird für schlampig recherchierende Krimiautoren immer schwerer, glaubwürdig zu wirken.


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