Mai 2011 Archives

Differenzierter Politkrimi

Brooklin, Little Palestine, eine  fast geschlossene Gesellschaft abseits des  öffentlichen Focus. Der Palästinenser Omar Jussuf ist nach New York eingeladen worden, um vor der Uno-Vollversammlung eine Rede zu halten. Er freut sich, bei dieser Gelegenheit seinen Sohn Ala zu besuchen, der in New York als Computertechniker arbeitet. Als Omar in die Wohnung kommt, findet er keinen Sohn, sondern eine geköpfte Leiche vor. Die jungen Männer, die hier zusammengewohnt haben, kannten sich seit ihrer Kindheit im Flüchtlingslager Dehaischa. Sie nannten sich nach dem historischen Vorbild des „Alten vom Berge" die „Assassinen." Schlechte Karten, um  sich in den USA beliebt zu machen. Omar Jussuf ist verwirrt. Sind seine einstigen Schüler, die er in Geschichte unterrichtet hat, tatsächlich zu Terroristen geworden und deshalb untergetaucht? Matt Beynon Rees, Ex-Journalist der „Time", lebt in Jerusalem und ist aufgrund seiner Vertrautheit mit den politischen Verhältnissen im Nahen Osten ein überzeugender Autor.

Rees ortet als den größten Feind der Palästinenser nicht die Israelis sondern die  korrupte und unfähige palästinensische Politikerkaste, die er nicht schont. Die dauernde Opferrolle brandmarkt er als selbstzerstörerisch. Der Attentäter von Brooklin (C.H.Beck) ist eine differenzierte Innenansicht der palästinensischen Gegebenheiten- leider mit Daueraktualität.

 

Wüster Osten

Der Routinier Norbert Klugmann erzählt von einem rätselhaften Fall in einer rätselhaften Welt. Hammerloh, eine Gemeinde mit 100 Einwohnern im Osten Deutschlands, von wirtschaftlicher Entwicklung abgeschnitten und auf dem absteigenden Ast, ist ein Ort in dem sich Kommissarin Karoline Wiese nur schwer zurechtfindet. Die Einheimischen wirken recht exzentrisch, der örtliche Polizist leidet an Übereifer und Sprechdurchfall, die wenigen Flüchtlinge aus dem Balkan, die hier gestrandet sind, bemühen sich, nicht aufzufallen. Die Aussteigerkommune, geleitet von einem prominenten Ex-Journalisten hat möglicherweise auch Einiges zu verbergen und die dörfliche Hebamme mit Haaren auf den Zähnen kennt sowieso alle familiären Geheimnisse. Die ist sie aber nicht bereit, zu teilen. Der Fall selbst ist bizarr: die Hebamme wird zu einer abgelegenen Hütte gerufen. Dort findet sie einen erstochenen Mann und neben ihm ein unversehrtes Neugeborenes. Von der Mutter fehlt jede Spur. Die hölzerne Hedwig (zu Klampen) ist wie eine rohe Skulptur, die bei wechselnden Perspektiven verschiedene Geschichten hervorbringt und flexible LeserInnen erfordert.

 

 

Overkill

Eine Sozialarbeiterin sollte sich nicht in ihren Klienten verlieben und ihm schon gar nicht alles glauben, sei er auch noch so charmant. Krissie Donald lernt das auf die harte Tour. Jeremy, der wegen Mordverdachts einsitzt ist aber auch wirklich zu nett. Und als ihr Freund Chas anscheinend anderweitig engagiert ist, setzt Krissie erst recht alles daran, Jeremys Unschuld zu beweisen. Helen FitzGerald stellt uns eine Menge dysfunktionaler Familienverhältnisse vor.  Als zwölftes von dreizehn Kindern weiß sie vermutlich eine Menge über die entsprechende Gruppendynamik. In ihrem Roman Letzte Beichte (Galiani) übertreibt sie es aber ein bißchen. Der Schluss ist ein Overkill. Ansonsten nicht unspannend und manchmal  humorvoll, ein schlankes Buch für zwischendurch.

 

AutorInnen

instant™ Design Wien
Site by