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Ab in die Wildnis!

Es scheint für manche Menschen in fortgeschrittenem Alter plötzlich wichtig zu sein, herauszufinden, woher sie kommen, was ihre Vorfahren gemacht haben. Was unter Spurensuche subsumiert zu werden pflegt. Und nicht wenige schreiben auch darüber. Linus Reichlin beschreibt in Manitoba (Galiani) eine

solche Suche und er macht das ohne Pathos aber mit herzerwärmendem Gefühl.

Allerdings jagt sein Held einem ungewöhnlichen Familienmythos hinterher. Seine Mutter hat ihm einmal erzählt, dass seine Urgroßmutter ein Kind von einem Indianer hatte. Und das soll so gekommen sein. Die Frau, eine Schweizerin, ist ausgewandert und  hat in Kanada als Lehrerin als Lehrerin in einer Missionsschule der Jesuiten gearbeitet. Dabei soll sie einen Arapaho-Krieger kennengelernt haben. Eine unmögliche Liaison die geheim gehalten werden musste. Als der Arapaho - natürlich von einem bösen Weißen -getötet wurde, ist die Schwangere wieder in die Heimat zurückgereist. In ihrem Tagebuch erzählt die Urgroßmutter ihr ungewöhnliches Leben. Fest davon überzeugt, dass ein Tagebuch quasi dem Realitätscheck standhält, reist der Autor auf den Spuren der Urgroßmutter ins Reservat.  Bloß scheint die kräftig geflunkert zu haben. In den Reservaten geht es längst um Assimilation und Geld und der Erzähler trifft auf ganz pragmatische Ureinwohner. Er will sich unter Berufung auf seine Vorfahren in die Stammesrolle eintragen lassen. Irgendwie mühsam für die Reservatsbehörde, denn der Mann ist nicht der erste der hier aufläuft und unbedingt dazugehören will. Der Sohn des Erzählers hält nichts vom Indianerfimmel seines Vaters; er ist auch Schriftsteller, die unterschwellige Rivalität wird spürbar. Und mit der Ex kommt der Erzähler auch nicht wirklich zurande. Es ist die Geschichte einer Selbstsuche und einer großen Enttäuschung. Die darin gipfelt, dass der Autor aus der gemieteten Blockhütte in der er ein bisschen Wildnis schnuppern wollte, harsch vertrieben wird. Das Charmante an diesem Roman ist die Selbstironie, der scharfe Sinn für absurde Details und  die Weigerung, sich in tragischem Selbstmitleid zu baden. Urgoßmutters Tagebuch taugt nicht als Sinngebung. Der Schreiber wird es überleben. Und der Leser dankt für ein intelligentes, sprachlich ganz wunderbares Buch.

 

 

 

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